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2. November 2012 / Ralf Koss

„Männer – Ein Fußballliederabend“ im Schauspiel Köln

Schlager- und Popmusikrevuen im Theater sind in Sachen Unterhaltung eine sichere Bank. Denn längst gibt es einen generationenübergreifenden Kanon der Popkultur, der persiflierend genutzt werden kann. Den Herz-Schmerz-Schlagererfolg der 1970er ironisch gebrochen, die Männerthemen Fußball, Mütter, Frauen im Popsong, mal mehr, mal weniger parodistisch dargeboten, da kann man nicht viel falsch machen. So sei bei allen Einwänden vorab gesagt: „Männer – Ein Fußballliederabend“ verlässt man in vergnügter Stimmung. Die Schauspieler kitzeln mit großer Spiellaune immer wieder komische Momente aus den typisierten Männerfiguren heraus, die Musik der Millionenhits erweist sich noch in der Parodie als kraftvoll und ein paar choreografierte Szenen parodieren die Ensemblebewegung von Musicals. Dynamik auf der Bühne, Spektakel fürs Auge.

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© Sandra Then

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© Sandra Then

Dennoch habe ich im ersten Drittel des Abends gedacht, gerade in Köln hätten für diese Art Schlager- und Popmusikparodie bessere Vorlagen geschaffen werden können als die mit einigem „FC-Jeföhl“ bearbeitete Fassung des Liederabends von Franz Wittenbrink. In der Stunksitzung greifen Köbes Underground den Schlager- und Popmusikkanon meist witziger auf, weil dort das Original im parodistischen Zusammenhang pointierter genutzt wird, der innere Zusammenhang von Original und Parodie klarer herausgearbeitet wird. Denn das Fußballstadion als Ort für die klischierte Männerwirklichkeit geriet im Mittelteil etwas aus dem Blick. Die Vorlage wirkte also unausgegoren. „A propos“, hieß es deshalb öfter, ehe ein neues Lied angestimmt wurde. Das vom Titel des Abends versprochene thematisch konzentrierte Gesamtwerk erwies sich in Teilen als Nummernrevue, die offensichtliche Hilfskonstruktionen benötigte. Dabei schien der Anfang auf dem Tribünenausschnitt als Bühnenbild die Richtung vorzugeben. Zur Ouvertüre von Don Giovanni durchlebten die Männer ein Fußballspiel mit all seinen Emotionen. Es folgten die per Schlager aufgegriffenen Männerstatements über die besonderen Frauen im Leben eines Mannes, über die großen Lieben, über die Mütter. Selbstbilder wurden mit „Sex Mashine“ und „Ich brech die Herzen der stolzesten Frauen“ zum Thema. Die „Bohemian“ wurde zur „Barbecue Rapsody“ und somit das Grillen als Lebensideal des Mannes gefeiert. Die Grönemeyer-Parodie fehlte nicht, bei der „Flugzeuge im Bauch“ kongenial mit „Alkohol“ geremixt wurde und in einem witzigen Grönemeyer-Zitatemix seiner Songs endete. Soli wechselten sich ab mit Chorgesang, und schließlich musste – wir sind in Köln – von Lukas Podolski Abschied genommen werden. „Time to say goodbye“ hieß es, womit sogleich auch das Finale ankündigt war, in dem „Poldi“ per Monstranz gehuldigt wurde . In 27 Stücken wurde der Mann also als Klischee dargeboten, und trotz des Rückgriffs auf Don Giovannis Schicksal in diesem Finale darf so ein Abend nicht mit allzu viel Bedeutung überfrachtet werden. Zu fern ist das wirkliche Leben, trotz des Verweises auf den Fußball. Nah ist dagegen die Popkultur, und die will und soll vor allem Stimmung machen. Weitere Vorstellungen im November 11. und 27. November. Mit: Yorck Dippe / Robert Dölle / Jennifer Frank / Andreas Grötzinger / Jan-Peter Kampwirth / Carlo Ljubek / Martin Reinke / Torsten Peter Schnick / Julia Wieninger / Michael Wittenborn Piano: Andreas Hirschmann Musikalische Leitung: Klaus Lothar Peters Einrichtung: Schauspiel Köln nach Franz Wittenbrink Kostüme: Swantje Karschunke Das Schauspiel Köln hat einen Clip zum Stück ins Netz gestellt. Voilà!

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